Schwule vor, noch ein Tor
homo.net Info vom 20. Juni 2024
von Webmaster Jan
Was das ZDF derzeit als „Das letzte Tabu“ vermarktet, ist nicht einmal ein Anfang, eines der vielen noch bestehenden Tabus im Leben homosexueller Männer ansatzweise abzubauen.
Ein schwuler Spieler? Für Wurstfabrikant Uli Hoeneß (72) eigentlich kein Problem: „Schlimm ist nur, wenn er auf einem (sic!) Doppelzimmer besteht“. Mit diesem homophoben Spruch wirkt der Ehrenpräsident der FC Bayern München AG wie aus der Zeit gefallen.
Das Wesen des Humors liegt darin, dass unsere Erwartungen auf eine unerwartete Weise fehlgeleitet werden. Ein Witz ist sozusagen ein logischer Widerspruch, ein Fehler im System.
Der Witzbold Hoeneß ist mit seiner Stammtischparole nicht halb so witzig, wie er meint, weil unser aller Widerspruch fehlt. Im Profifußball gibt es keine Schwulen. Von den weltweit rund 500.000 männlichen Fußballprofis sind konservativ geschätzt etwa 25.000 homosexuell. Davon leben bis heute gerade einmal sieben (7!) ihre Homosexualität offen aus.
Oder auch nicht. Justinus Fashanu (1961-1998) war der erste, der sich 1990 während seiner Profikarriere outete. Acht Jahre später erhängte er sich. In seinem Abschiedsbrief schrieb er: „Schwul und eine Person des öffentlichen Lebens zu sein, ist hart ... Bevor ich meinen Freunden und meiner Familie weiteres Unglück zufüge, will ich lieber sterben.“
Sein homophober Trainer Brian Clough (1935 -2004), unter dem Justinus besonders zu leiden hatte, gab später in seiner Biografie zu: „Ich war für ihn verantwortlich, weil er in meinen Zuständigkeitsbereich als Trainer fiel, aber ich habe ihm nicht geholfen.“
Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Im Stadion gilt homophobes Grölen als Kulturgut. Der Pass war „scheiße schwul“ und nicht einfach „scheiße“. Auf schwulen Spielern lastet ein doppelter Druck. Ihre heterosexuellen Kollegen bringen ganz selbstverständlich ihre Frauen und Geliebten mit zu den Spielen. Sie müssen nicht lügen, wenn es darum geht, was sie am Wochenende gemacht haben.
Zehntausende von ungeouteten Spielern verstecken sich lieber Tag für Tag, Jahr für Jahr, als sich dem Druck auszusetzen, nach einem öffentlichen Coming-out das möglicherweise harsche Nachspiel ertragen zu müssen. Auch die Scheinfreundin ertragen sie willig. Ich stelle mir gerade vor, wie das wäre, wenn unheimlich heterosexuelle Männer zum Schein einen Geliebten mit ins Station bringen müssten, um nicht als verweichlichte Schürzenjäger dazustehen.
„Fußball ist eine der feindlichsten Umgebungen für einen Homosexuellen“, sagte der brasilianische FIFA-Schiedsrichter Igor Benevenuto (43), der sich 2022 als schwul outete.
Trotzdem gehen auch wir zum Public Viewing und jubeln begeistert mit, wenn „unsere Jungs“ fleißig Tore schießen. Hoffentlich fliegt uns das Unwort des Jahres nicht irgendwann um die Ohren. Denn „public viewing“ kommt aus dem Amerikanischen und hat dort genau eine Bedeutung: die öffentliche Leichenschau. Für die Engländern ist die typisch deutsche Wortbildung „Public Viewing“ die „Live-Übertragung eines sportlichen Großereignisses unter freiem Himmel“ und kein Vorspiel zu einer Beerdigung.
Schiri, wir wissen, wo dein Auto steht. Aber wir wissen auch, dass 25.000 bis 50.000 Spieler lügen, damit wir sie als „richtige Männer“ akzeptieren. Als ob Schwule keine richtigen Männer wären. Da hilft nur noch die rote Karte. Wer Schwule nicht für richtige Männer hält, hat noch nie einen waschechten Top-Hengst erlebt.
Schwule Kicker find ich gut
Jan
Webmaster
vom homo.net Team